Zum sicheren Schlucken beitragen (2024)

Positionierung während des Essens. Wenn möglich sitzt der Patient in einer physiologischen Haltung am Tisch. Sitzt er im Rollstuhl, werden die Bremsen befestigt und die Fußrasten entfernt, damit die Füße einen guten Kontakt zum Boden haben. Nimmt der Patient das Essen im Bett ein, erfolgt eine Mobilisation ins Sitzbett, um eine aufrechte Haltung zu gewährleisten. Isst und trinkt der Patient nicht selbstständig, reicht die Pflegeperson das Essen/Trinken an. Dazu sitzt sie während des Anreichens neben dem Patienten und steht nicht hinter ihm, damit der Patient eine physiologische Körperhaltung und Kopfposition einnehmen kann und ein Überstrecken des Kopfs nach hinten vermieden wird. Zudem begegnen sich beide so auf Augenhöhe.

Auswahl geeigneter Hilfsmittel. Vor Beginn des Essens wird der Sitz der Zahnprothesen überprüft, und ggf. vor deren Einsetzen bzw. vor der Nahrungsaufnahme eine Mundpflege durchgeführt. Trägt der Patient weitere Hilfsmittel wie Brille oder Hörgerät, werden diese auf- bzw. eingesetzt. Ggf. kommen Ess- und Trinkhilfen wie Spezialbesteck oder geeignete Trinkbecher, die den physiologischen Schluckablauf unterstützen, zum Einsatz. Schnabelbecher hingegen sind nicht geeignet, da sie zu einer Bewegung des Kopfes nach hinten und einer veränderten Zungenbewegung führen. Damit erhöhen Schnabelbecher die Gefahr des Verschluckens beim Trinken [19].

Anpassen von Bolusgrößen. Essen und Trinken kann leichter und sicherer gelingen, wenn die zu schluckende Portion oder Menge an die Schluckfähigkeit des Patienten angepasst wird. So können z. B. Fleisch zerkleinert angeboten oder Kartoffeln oder Gemüse mit der Gabel zerdrückt, breiige und pürierte Kost oder Getränke nur mit einem Teelöffel angereicht oder während des Trinkens zum Schlucken kleinerer, einzelner Schlucke aufgefordert werden.

Modifizieren von Konsistenzen. Nahrungsmittel und Getränke werden bei vorhandener Dysphagie oder Kaubeeinträchtigung in ihrer Konsistenz und Viskosität so adaptiert, dass sie möglichst sicher und aspirationsfrei geschluckt werden können. So werden Nahrungsmittel z. B. weich, püriert oder passiert und Getränke angedickt angeboten. Dies ist eine gängige logopädische Intervention. Bei Patienten mit länger anhaltender Dysphagie ist das Ess- und Trinkangebot regelmäßig zu überprüfen und anzupassen [14].

Andicken von Getränken. Getränke werden mithilfe von speziellen Pulvern angedickt, um ihre Fließgeschwindigkeit zu reduzieren. Die Aufnahme angedickter Getränke minimiert das Aspirationsrisiko, steigert die allgemeine Flüssigkeitsaufnahme aber nicht wesentlich. Zudem scheint das Risiko pharyngealer Residuen mit steigender Viskosität bzw. stärkerer Andickung zuzunehmen [14]. Dennoch haben stark angedickte Getränke beispielsweise eine direkte positive Auswirkung auf die Schluckfunktion von MmD und minimieren das Aspirationsrisiko bei dieser Patientengruppe unmittelbar. Und trotzdem entwickeln die Betroffenen Aspirationspneumonien bei stark angedickten Getränken im Vergleich zu nur nektarartig angedickt oder unangedickten Getränken in Kombination mit der Kompensationsmaßnahme „Chin Down“ (Neigung des Kinns während des Schluckens zur Brust). Aufgrund dessen erfordert die Maßnahme des Andickens eine Intervention und Anpassung im Verlauf [20].

Vermeiden von Mischkonsistenzen. Das Schlucken gemischter Konsistenzen stellt eine besonders hohe Anforderung an dysphagische Patienten, da gleichzeitig feste und flüssige Bestandteile oral kontrolliert und nacheinander geschluckt werden müssen (z. B. Suppe mit Einlage, Früchte mit hohem Flüssigkeitsanteil oder Medikamente mit Wasser). Es kann hilfreich sein, feste und flüssige Konsistenzen nicht zu mischen, während des Essens nicht zu trinken oder Medikamente mit Obstbrei vermischt bzw. Medikamente gemörsert und mit Obstbrei vermischt zu verabreichen.

Wichtig zu beachten ist, dass nicht alle Tabletten gemörsert und nicht alle Kapseln geöffnet werden dürfen, da dies zu einer Veränderung von Resorption, Pharmakokinetik und Wirkspiegel der Medikamente führt [14]. Daher ist eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder Apotheker erforderlich, da Medikamente ggf. umgestellt werden müssen.

Achten auf Nahrungsreste. Der Patient wird ggf. auch während des Essens zum ausreichend langen Kauen, Nachschlucken oder Reinigen des Mundes angehalten. Reste auf der Zunge, am Gaumen oder in den Wangentaschen können mit der Zunge oder dem Finger entfernt, Residuen bei feuchter Stimme durch willentliches Räuspern und Nachschlucken entfernt und nicht kau- oder schluckbare Boli ausgespuckt werden.

Inspektion der Mundhöhle. Nach Beendigung der Mahlzeit erfolgt eine Inspektion der Mundhöhle. Nach Entfernung etwaiger Residuen wird anschließend eine Mund-, Zahn- und Lippenpflege durchgeführt. Außerdem sollte der Patient nach dem Essen für weitere 15 Minuten aufrecht sitzen bleiben, um jeweils ein Verschlucken oder Aspirieren von oralen oder pharyngealen Residuen zu vermeiden.

Anbieten von Zwischenmahlzeiten. Bei vermindertem Appetit oder reduziertem Durstgefühl werden Zwischenmahlzeiten angeboten und der Patient zum regelmäßigen Trinken aufgefordert. Insbesondere bei Inappetenz und zu geringer Trinkmenge kann zur Objektivierung der gegessenen und getrunkenen Menge ein Ess- oder Trinkprotokoll über einen Zeitraum von ein bis drei Tagen durchgeführt werden.

Austausch im Team. Wichtig ist der Austausch innerhalb des interdisziplinären Teams: Wie gelingt das Essen/Trinken? Kommt es zu Anzeichen von Verschlucken wie Räuspern oder Husten? Verändert sich die Stimme/der Stimmklang? Welche Menge nimmt der Patient zu sich? Ist die orale Aufnahme von Essen/Trinken bedarfsdeckend? Lehnt der Patient Essen/Trinken ab? Darüber hinaus werden Arzt und Logopäde bei Veränderung oder Verschlechterung des Schluckens, des körperlichen Allgemeinzustands, bei Fieber oder anderen klinischen Hinweisen auf eine Aspiration durch die Pflege informiert und eine erneute KSU durchgeführt.

Versorgungsmöglichkeiten bei schwerer Dysphagie

Patienten mit schwerer Dysphagie sowie oraler Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz können dauerhaft und bedarfsdeckend mit Nahrung, Flüssigkeit und Medikamenten versorgt werden. Hierzu wird mittels perkutaner endoskopischer Gastrostomie (PEG) eine Magensonde operativ durch die Bauchdecke angelegt.

Der Eingriff bedarf der Zustimmung des Patienten oder seines Bevollmächtigten bzw. gesetzlichen Vertreters. Ggf. muss eine eindeutig formulierte und auf den individuellen Fall bezogene Patientenverfügung herangezogen oder alternativ bzw. ergänzend der aktuelle mutmaßliche Wille des Patienten hinsichtlich seines Behandlungs- oder Nichtbehandlungswunsches im Rahmen einer ethischen Fallkonferenz erörtert werden.

Vor dem Hintergrund der individuellen Prognose ist das Vorliegen einer medizinischen Indikation zur dauerhaften künstlichen Ernährung obligat [21, 22]. Das Legen einer PEG-Sonde wird deshalb bei Patienten mit fortgeschrittener Demenz und bei Patienten in der letzten Lebensphase in der Regel nicht empfohlen [22]. Bei sterbenden Patienten ist eine enterale oder parenterale Nahrungs- und Flüssigkeitsgabe sogar zu beenden, um den Sterbeprozess nicht zu verlängern [23].

Die ausreichende orale Aufnahme von Essen und Trinken ist im fortgeschrittenen Stadium einer lebenslimitierenden Erkrankung nicht mehr das pflegerische, therapeutische und medizinische Ziel.

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